Samstag, 30. November 2013

Kleine Charakterstudie



Wanja fordert mich. Die Selbstständigkeit, welche Gunnar mit mir ständig erörterte, geht hier beinahe reibungslos und von ganz allein.

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Am späten Nachmittag skypte Wanja mit einem russischen Wissenschaftler. Sprach kurz und vorerst oberflächlich über Ereignis- und Wahrheitsebenen. Ich hörte gespannt zu. Verstand allerdings nicht wirklich alles. Hoffe jedoch, dass ich während unseres kommenden Aufenthalts in Moskau mehr darüber erfahren und womöglich selbst mit diesem Mann sprechen könnte. Ich finde diese Thematik überaus faszinierend und würde sie liebend gern vertiefen.

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- Empfindungsbarometer:
Meinem Magen geht es besser. Es scheint von Vorteil, keine gebratenen Speisen am Abend zu verzehren. 

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.....und nein, ich sprach bisher noch immer nicht mit Gunnar, Troels, Kevin oder einem/einer anderen. Bisher sah ich noch keinen Anlass für dergleichen. Obgleich Wanja mich bat, mein Leben zu ordnen und mit Gunnar zu sprechen.
Ich glaube, er befürchtet noch immer, dass ich klammheimlich wieder verschwinde.
Aber ich kann ihn beruhigen. Das wird nicht passieren.
Aus welchem Grund?
Meine Überlegungen diesbezüglich richteten sich auf die jeweiligen Charaktere.
Auf den Umgang mit verschiedenen Situationen und auch darauf, wie sie sich mir gegenüber verhalten.
Wanja raucht und „trinkt“ nicht. Nur gelegentlich ein Glas Champagner. Sein „Hobby“ ist der Leistungssport. Aus diesem Grund ist seine Erscheinung beinahe die eines Bodybuilders. Zudem ist er noch einige Zentimeter größer als Gunnar und auf Grund seiner sportlichen Betätigung mit einem überaus ansprechenden Body gesegnet.
Aber wir sprachen hier vom Charakter.
Es ist nun nicht so, dass ich Wanja nicht kennen würde. Schließlich waren wir schon einmal für längere Zeit zusammen. Daher weiß ich, dass er ein überaus gutherziger Mensch ist. Erzogen nach der „alten Schule“. Ehrenhaft und ritterlich. Der „Beschützer“ an sich. Da gibt es keine Trinkgelage. Keine fanatischen Gemütsausbrüche während eines Fußballspiels. Keine Neigungen, die ausgelebt werden. Da ist besonnene Beherrschtheit, wie ich sie kenne und schätze! Die Feierlichkeiten innerhalb der Familie sind eher gediegener Natur. Der Bruder ein Geschäftsmann. Beide in einer Umgebung, die mir zusagt.
Wanjas Erziehung ist doch weitestgehend von der Strenge seines Vaters geprägt. Militärisch und korrekt. Mit jeder Menge Disziplin.
Natürlich schlug er als jüngerer Mann manches Mal über die Strenge. Jedoch eher selten. Ich hätte ihn damals vergeben und besser bei ihm bleiben sollen.

 

Freitag, 29. November 2013

Gedanken an die Liebe



Wir saßen gerade am Tisch und speisten, als Wanja mir seine Hand entgegen streckte, welche ich bereitwillig nahm. Er legte sie mir an die Wange und ich ließ meinen Kopf auf seiner Handfläche ruhen. Da kamen mir plötzlich die Tränen.
„Jetzt nicht.“, sagte er leise. „Nicht hier und nicht während des Essens. Später.“ Er nickte mir verständig lächelnd zu. „Ich habe schon längst darauf gewartet. Es war nur eine frage der Zeit, dass alles aus dir heraus bricht.“
Am Abend, vor dem zu Bett gehen, versuchten wir es noch einmal. Jedoch der „Moment“ war vorüber. Zumindest für den Augenblick.
Wanja war es vermutlich peinlich oder er meinte es womöglich nur, aufgrund meines nervösen Magens, über welchen ich erst kurz zuvor beklagte, gut mit mir.

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Empfindungsbarometer:
Trotz aller, oder vor allem gerade wegen der guten Speisen, ist erneut mein Magen nicht gut auf mich zu sprechen.
Vielleicht zu viel ”Süßes”?
Womöglich zu viel Sorgen?
Natürlich moniert auch Wanja meine zuweilen unsteten Wege mit dem Speisen umzugehen. Besonders, wenn ich Stunde um Stunde im Internet surfe.

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Veränderte Liebe? Oder noch immer die Gleiche?
In wie weit vermag sich Liebe überhaupt zu ändern?
Sicherlich viele Male und ebenso gibt es mannigfaltige Arten der Liebe.
(Zumindest hat mir Gunnar das so beigebracht.)

Ich weiß nicht genau WAS anders ist. Aber irgendetwas IST anders als früher mit Wanja. Ich vermag es nur noch nicht zu benennen.
Wir sind im Grunde noch immer die Selben. Veränderten uns aber offensichtlich doch in den vergangenen Jahren. Möglicherweise ist er reifer geworden. Umsichtiger. Abgeklärter. Erfahrener. Seine Augen verraten jedoch noch immer den „weichen Kern“. Den liebenswerten, netten, sanftmütigen Wanja. Der trotz seiner Größe und seiner Kraft keiner Fliege etwas zu leide zu tun vermag, und irgendwie, im Grunde, viel zu weichherzig, und gutmütig für diese Welt ist. Infolgedessen gleichwohl sein „großer Bruder“ besser die wesentlichen geschäftlichen Entscheidungen trifft.
Meine Liebe zu ihm scheint ebenso eine Veränderung erfahren zu haben. Ist andererseits aber noch immer gegenwärtig und stärker denn je, wie es scheint.
Oder prüfe, werte und schätze ich die Variablen nur von einem anderen Standpunkt aus ab als früher?
Überdies sind meine Vermutungen hinsichtlich Wanjas eventueller gleichgeschlechtlicher sexueller Ausrichtung, oder Bisexualität vermutlich gegenstandslos. (Was dachte ich mir nur dabei, dergleichen zu vermuten?) Er ist eben nur schüchtern, zurückhaltend, vielleicht zu anständig. Womöglich ein wenig, oder zunehmend reserviert. Sehr überlegt und überaus diszipliniert. So gänzlich anders als ich.

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Ich bin unerwarteter Weise im Augenblick viel unterwegs. Er begleitet mich zur Physiotherapie und zum shoppen. Zeigt mir Dies und Das und erzählt mir Geschichten von seiner Heimatstadt. Selbst zu seinen geschäftlichen Terminen, würde er mich am liebsten mit sich nehmen. Wanja scheint ohne mich nicht mehr sein zu können. Womöglich beschleicht ihn jedoch auch eine gewisse Furcht davor, dass ich erneut meine Entscheidung bei ihm zu bleiben revidiere und mich zu rasch von ihm verabschieden könnte.
Diese stete Bewegung ist jedoch zu anstrengend für mich. Ich bin schnell erschöpft. Schließlich liegt mein letzter Aufenthalt im Hospital erst drei Wochen zurück.



Donnerstag, 28. November 2013

Divination



Alexej, Wanjas Bruder kam am Abend zur Tür herein. „Du bist noch hier?“, fragte er in sarkastischem Ton.
„Dieses Mal bleibt sie auch.“, antwortete Wanja an meiner statt.
„Komm Brüderchen, Lass uns eine Runde Schach spielen. Ich will sehen, wie du verlierst.“ Er legte seinen Arm um Wanjas Schulter und lachte. Beide gingen zu dem großen Zimmer, welches genau genommen die Bibliothek ist. Aber auch als Arbeitszimmer bezeichnet werden kann.
Alexejs Frau Natascha kam gleich nach ihm zur Tür herein und ihr Gesicht nahm kurz einen erstaunten Ausdruck an. Dann nickte sie mir lächelnd zu. „Und? Was tun wir in der Zwischenzeit?“
Da ich Interesse an der Divination bekundete, hatte Wanja ein neues Kartendeck für mich erworben, als wir in Kiew shoppen waren. (Wer hätte gedacht, dass es dergleichen hier überhaupt gibt?)
„Warum spielt ihr nicht eine Runde Karten. Dann kannst du die Neuen gleich ausprobieren.“, rief uns Wanja im Hineingehen zu.
Ich schüttelte mit dem Kopf und stöhnte. „Mit diesen Karrten spielt man nicht.“
Er blieb stehen und wandte sich zu mir um. „Was tust du sonst damit?“ Wanja zwinkerte mir zu. Ich wusste, dass er nur den Unwissenden mimte. Der „Hinweis“ galt offensichtlich mehr seiner Schwägerin, um zu erforschen, was sie davon hielt.
„Sie legen.“, antwortete ich und beide sahen wir Natascha an. Die grinste. „Okay. Dann lass die Männer spielen, und wir wenden uns den wichtigeren Dingen zu.“
Mit meiner Versiertheit im Kartenlegen steht es noch nicht wirklich zum Besten. Daher begann ich ein wenig zögerlich und langsam. Die anfängliche Befangenheit legte sich jedoch schnell und wir bemerkten nicht mehr, wie die Zeit verflog.
Natürlich betraf meine Frage an die Karten, wie denn nun meine Zukunft aussehen würde. Das Ergebnis der Legung, was sich mir bot und wie ich es interpretierte, war ungewöhnlich und überaus erstaunlich.

Zwei Männer. Zwei Waffen. Sie treten gegeneinander an.
Die Welt des einen droht in Scherben zu fallen. Stürzt ein. Verwandelt sich.
Der Reiche gewinnt und sitzt mit der Königin in Liebe vereint auf dem Thron.
Der Besiegte räumt die Scherben weg und erholt sich rasch von seiner Niederlage.
Er besinnt sich schnell und greift zu einer List, die er als gerecht erachtet.
Eine Illusion von einer „falschen Liebe“ wird gestreut/initiiert.
Ein Kampf beginnt, den keiner sieht/wahr nimmt.
Er tritt über eine Schwelle und ist doch eher geübt in einem Kampf, der für ihn pragmatisch scheint.
Die List besteht darin, dass er nicht den Mann als Gegner angreift. Sondern sie. Die Frau.
Die Frau durchschaut das Spiel und besinnt sich rasch ihrer natürlichen, innewohnenden Macht und wehrt den Angriff ab. Lässt sich nicht besiegen. Verbündet sich mit den Kräften der Erde und geht als Siegerin/Königin der Gefühle unbeschadet hervor.
Als strahlende Sonne steuert sie den Wagen in die Zukunft.
Der Angreifer ist besiegt.
Sie, die Königin der Herzen, Gedanken und des Geistes, regiert nun in ihrem eigenen Reich.

Wenn ich die von mir interpretierte Aussage auf meine derzeitige Situation und die damit verbundenen Menschen beziehe, sehe ich die Sache wie folgt:
Gunnar und Wanja werden natürlich auf irgendeine Art gegeneinander antreten. Wie es scheint, wird es sich schnell entscheiden, weil ich den „Reichen“, also Wanja wähle. Zumindest fühlt es sich im Augenblick für mich so an.
Gunnar wird augenscheinlich der Besiegte sein. Jedoch nicht aufgeben und zu einer List greifen, die darin besteht, mich anzugreifen. Und ich denke, es wird auf „magische Art“ geschehen. So wie er und sein Onkel Erik es bereit des Öfteren mit anderen tat. Nur, werde ich es bemerken und mich meiner eigenen magischen Fähigkeiten besinnen. Sie einsetzten und gegen Gunnar, was mir beinahe unwahrscheinlich scheint, gewinnen. Jedoch könnte es durchaus möglich sein, alldieweil Gunnar mit Nichten damit rechnet, dass ich mich meiner Kräfte besinne oder ganz und gar noch gegen ihn gewinne.
Am Ende bin ICH die strahlende Siegerin, welche in ihrem eigenen Reich, womit sicherlich ebenso das „innere Reich“ gemeint sein wird, regiert und mit sicherer Hand den Wagen in ihre Zukunft lenkt.


Da ich nun weiß, was geschehen wird, wäre es besser in Gunnaars Gegenwart genau daran NICHT zu denken. ER muss nicht wissen, was ich weiß. Es wäre schließlich widersinnig meinen vermeintlichen Vorteil aufzugeben. Oder unvorsichtiger Weise herzuschenken.

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So allmählich zweifle ich an der „Seelen-Partner“ Theorie. Mag sein, dass sie wahr ist. Gunnar sagte, dass wir auf „irgendeine Weise“ immer zusammen leben/sein würden. Es muss nun nicht als Ehepartners sein.
Andererseits wäre es möglich, selbst WENN ich mich JETZT von ihm trenne, das wir später wieder zueinander finden.
Nichts ist unmöglich!




Mittwoch, 27. November 2013

Zukunfts – Gespräche. Oder: Die Karten lügen nie



Wanja und ich sprachen lange über meine Gesundheit. Und auch darüber, dass ich am aller liebsten MIT IHM zurück nach Schweden reisen und MIT IHM als mein Mann im Zentrum leben würde.
Wanja: „Sollte ich es tatsächlich in Betracht ziehen, überwiegend mit dir in Schweden zu leben, dann nicht sofort. Und vor allem erst dann, wenn mit Gunnar alles geregelt ist, die Scheidungspapiere von beiden Seiten unterzeichnet sind und ich sicher sein kann, dass Gunnar nicht versuchen wird dich zurück zu holen. Sondern die Tatsache, dass ICH zu dir gehöre umfassend und ohne Mätzchen oder magische Tricks akzeptiert.“
Räusper! Hm.
Nun, womöglich vermag ich Wanja doch noch zu überreden mit mir alsbald nach Schweden zurück zu kehren.
Vorher jedoch, werden wir nach Moskau reisen. Er wurde „eingeladen“. Und mehr, darf ich darüber nicht schreiben.

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- Meine Disziplinlosigkeit scheint auf Wanja ansteckend zu wirken. Worüber er witzelt und sich beschwert. Ohne Struktur und Plan in den Tag hinein leben, wäre mitnichten das Seine. Nicht einmal das Ausschlafen am Morgen.
Aber ICH liebe es nun einmal, einfach nur aufzuwachen, wenn der Körper meint es sei Zeit dafür. Ohne das lästige Läuten eines Weckers.
„Vielleicht treffen wir uns in der Mitte.“, bemerkte er dann Augen zwinkernd. „Wir schlafen aus, wenn es möglich ist. Dann gehe ich joggen und zum Fitness-Center und Du schreibst an deinem Laptop.“

- Wanjas Koch ist einfach großartig! Kein Wunder also, wenn ich „Winterspeck“ anlege.

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Amazing!

So häufig und ausgiebig wie mit Wanja in den letzen Tagen habe ich lange nicht gelacht.
Amazing!

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Amazing!



Heute fand ich auf meinem Fotoapparat, welchen ich noch rasch aus meinem Wagen mit zum Flugzeug nahm, ein Bild von einer Divination, welche ich bereits vor etwa einer Woche legte.
Mir scheint ganz eindeutig, was es besagt. „Der „Ritter“ mit Feuer im Herzen und jede Menge Geld. Vor allem ebenso eine gewisse Beständigkeit. Was nun eindeutig auf Wanja hinweist.
Die Karten, oder besser, ICH, mein Unterbewusstsein, mein höheres Selbst, wusste bereits, was geschehen würde.

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Mein Gefühl sagt mir, dass ich da in meinem Inneren bereits etwas entschied. Ich denke, fühle und handle gerade so, als wäre alles bereits klar und beschlossene Sache.
Wanja drängt mich nicht, wie sonst immer. Das ist ebenso erstaunlich. Offenbar bemerkt selbst ER, dass ich aller Wahrscheinlichkeit nach mit IHM zusammen bleiben werde.

Nur eines beschäftigt mich zunehmend und beschert mir ein flaues Gefühl im Magen: Die „Sache mit dem Seelenpartner“.



Dienstag, 26. November 2013

Erinnert und geshoppt



Am glücklichsten im Herzen und Zusammensein war ich trotz alledem mit Wanja.
Natürlich war es zu Beginn unserer damaligen Beziehung am Fabelhaftesten. Wir hatten uns jedoch von Anfang an vorgenommen, diese spezielle Art des miteinander Glücklichseins aufrecht zu erhalten. Was uns sogar gelang. Die gesamten fünf Jahre. Nur zum Ende war es durch Vertrauensbrüche hässlich geworden.
Ja. Es entspricht in der Tat der Wahrheit, dass er mich nie wirklich aufgegeben hat. Irgendwie, war er immer da. Verfügbar, zuweilen, wenn ich ihm bedurfte.
Nach der damaligen Trennung hätte er enttäuscht sein können. Natürlich war er das. Ich jedoch ebenso. Nur hielten wir auf irgendeine Art und Weise immer Kontakt und aneinander fest. Selbst, wenn wir uns lange Zeit nicht sahen. Oder nichts voneinander hörten. Zugegeben, es gab gleichwohl eine kurze Zeit, wo ich glaubte ihn zu hassen. Alldieweil er unverschämt und aufdringlich wurde. Aber das ist vorbei und entsprang womöglich nur seiner Verzweiflung.

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Mir scheint es für die Zukunft von größter Wichtigkeit, mit Wanja ausführlich über meine gesundheitliche Situation zu reden. Er muss schlichtweg über alles in Kenntnis gesetzt werden. Medikation. Beschwerden aller Art und die dadurch entstandenen körperlichen Unzulänglichkeiten.
Bevor er nicht über alles informiert ist, kann ich nichts entscheiden.

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Wanja ließ mir heute Morgen keine Zeit zum Schreiben.
Da ich im Augenblick alles zurück lassen musste, war es nötig einige Besorgungen zu tätigen. Infolgedessen waren wir shoppen und in Kiew unterwegs.
Und nun bin ich erschöpft und nur noch zu wenig zu gebrauchen.
Trotz alledem kann ich sagen, dass sich der Gedanke tatsächlich mit Wanja zusammen zu bleiben beständig in den Vordergrund spielt.
Wie Wanja selbst es bereits formulierte: „Jedes Mal ein bisschen mehr. Und irgendwann für immer.“




Montag, 25. November 2013

Das weiche Herz – Der scharfe Verstand und „Zwischentöne“


„Robin Hood“
So groß und mächtig, stark und reich Wanja sein mag. Er hat ein weites Herz. Hat man dieses einmal erobert, kann er überaus großzügig sein. Mit allem. Gefühlen, Geld. Leidenschaft. Geschenken materieller, herzlicher und seelischer Art. Ein Stück „russische Seele“, gleichwohl er ein Ukrainer ist, steckt ebenso in ihm. Gastfreundschaft und Herzlichkeit sind dort keine leeren Worte.
Genau genommen verraten Wanja seine warmen, weich und treuherzig blickenden Augen. Er ist der aufmerksame und zuvorkommende Beschützer, der sich mutig und heldenhaft in die Schlacht für das Gute stürzt. Das Edle und Ritterliche. Der für andere Menschen kämpft. Sie unterstützt und aus der Gosse zieht. (Ebenso ein  „Robin Hood! Auf seine eigene Art.)
„Ich habe niemals aufgegeben dich zu lieben. Dich nie aus den Augen verloren. Auch wenn du mich nicht mehr wolltest.“
Nein. Das ist nicht vollends korrekt. Denn genau genommen ist seine Erscheinung genau der Typ Mann, welchen ich bevorzuge. Deshalb hatte ich mich damals schließlich in ihn verliebt. Er war meine „erste Wahl“.
Natürlich war ich verletzt und wütend, als ich mich von ihm trennte. Aber er war durch die Zeit, bis hier her, stets der Attraktivste von allen. Nur wenig älter als ich. Groß und muskulös wie ein Bodybuilder. Und die Züge seines Gesichts entsprachen/entsprechen genau meinen Vorstellungen.
Also, warum zögere ich dann noch?

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Paranoia ?
Der „Kalte Krieg“ ist nicht beendet wie mir scheint. (Und Wanja warnte mich, dass ich hier darüber schreibe.) Die Paranoia und das Misstrauen noch immer beständig. Seitdem ich hier einige russische Worte verwende, sind beide „Großmächte“ präsente. Genau genommen könnte es mir gleichgültig sein. Aber ich erfreue mich an der zahlreichen Leserschaft. Jedoch ist es überaus erstaunlich, dass Mann nach dem Fall der Mauer nichts lernt. Die „geistigen“ Beschränkungen/Mauern/Barrieren scheinen beständiger den je. Möglicherweise wird daran erneut „gebaut“. Oder bin ICH jetzt paranoid?
Das ist echt nicht komisch Leute! Was ist das eigentlich für eine Entwicklung der Menschheit, die rückwärts geht. Na dann hoffe ich doch, dass wir einige Stadien der „Herr-schaft“ überspringen und uns alsbald in einer matriarchalen Gesellschaftsordnung wieder finden!!!

Ein völlig „neues“ Thema für Wanja. Das Matriarchat. Nur wünschte ich mir in diesem Fall, ich hätte mehrere Stunden mit Emilia Stephansdottir und im Frauenkreis verbracht. Meine Argumentation ist bedauerlicher Weise mangelhafter und spärlicher Natur.

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Schach und gute Gespräche.
Wanja liebt es mit seinem Bruder Schach zu spielen. Gleichwohl „gute Gespräche“ zu führen. Mit ihm, seiner Familie und ebenso mit mir, ohne das der andere die Antworten weiß, bevor sie ausgesprochen wurde. Was nicht gänzlich stimmt. Denn ich scheine diese Fähigkeit in der Tat erlernt zu haben. Was ich Wanja vorerst nicht preiszugeben gedenke.
Ich weiß. Das ist nicht fair. Aber ich bin mir sicher, dass ER es alsbald selbst bemerken wird.

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Feigling?
Auch mich scheint mehr den je eine gewisse Euphorie des liebenden Herzschlags zu erfassen, die ich schon immer mehr oder weniger für Wanja empfand und die sich so nach und nach ihren Weg an die Oberfläche bahnt. Ich bin mir allerdings überaus sicher, dass die Gefühle Wanja gegenüber nie verschüttet gewesen waren. Sondern stets nur knapp unter der Oberfläche, aber gut versteckt, vor sich hin tümpelten.
Obgleich nun der klare Verstand ebenso (s)ein Recht zu reden erhält und ich es nach reiflicher Überlegung tatsächlich in Betracht ziehe, bei Wanja zu bleiben.

Jedoch bin ich derzeit zu feige auch nur einen Anruf entgegen zu nehmen oder ganz und gar zu skypen. Im Augenblick will ich mit niemandem reden. Sondern mir selbst darüber klar werden, was nun zukünftig geschehen wird.
Oder bin ich nur zu feige, mich der Situation zu stellen?
Fakt ist, bis ich mich nicht endgültig entschieden habe was ich tue, nehme ich keine Gespräche entgegen. Bin für niemanden zu erreichen. Weder für Marie noch Troels. Ian oder Kevin. Schon ganz und gar nicht für Gunnar.
Das heißt:
Ich telefoniere nicht! Ich skype nicht! Ich bin nicht zu erreichen! Basta!



Sonntag, 24. November 2013

Kurswechsel


Der Bogen ward von Gunnar überspannt.
Das Maß ist voll, und ich will nicht weiter darüber reden.

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Zum Koffer packen blieb keine Zeit. Ich konnte nicht noch einmal zurück zum Zentrum fahren. Es war zu spät. Ich hätte Gunnar dort begegnen können. Was ich selbstredend vermeiden wollte. Mein Handy und das iPhone schaltete ich aus.
Infolgedessen reiste ich mit leichtem Gepäck. Den Wagen ließ ich am Flughafen stehen.
Als wir uns bereits in der Luft befanden, entbrannte noch mal eine heftige Diskussion über das Ziel unserer Reise. Ich argumentierte mit Krankheitsgründen. Das mir die Reise zu beschwerlich sei und das Klima zu warm. Natürlich wollte ich gleichwohl seiner PR Freundin nicht begegnen.
Wanja entschied sich kurzerhand um, ging zum Cockpit und wir flogen nach Kiew.

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Pünktlich zum Dinner trafen wir in Wanjas Haus ein.
Sein Bruder Alexej und dessen Frau Natascha, die gleich neben uns (?) wohnen, begrüßten uns sogleich und blieben eine Weile.

Wanja scheint mir überaus enthusiastisch. Ja beinahe euphorisch zu sein. Er denkt tatsächlich, dass ich dieses Mal endgültig  bei ihm bleibe. Er macht Pläne, wo wir wohnen werden und dass ich mit ihm reisen soll. Er möchte nicht eine Sekunde mehr von mir getrennt sein.
Das wollen sie alle. Das wollen WIR alle. Zu Beginn. Wenn das Herz vor Erregung bis zum Halse schlägt, sieht man dem Partner nur in die Augen. Andererseits, wie schnell ist DAS vergessen. Überholt. Oder kehrt sich ganz und gar ins Gegenteil `Man kann ja nicht beständig aufeinander hocken.´ Höre ich Gunnars Worte noch in meinen Ohren klingen, und ich fühle, was daraus geworden ist.
Mag sein, dass es der Wahrheit entspricht, dass es nicht gut ist immer beieinander zu sein. Aber WO bleibt das Vertrauen, und WO sind die Grenzen, wenn Kates und Elenas des Ehemannes Wege kreuzen?
Mit Wanja hatte ich damals ähnliche Probleme, die ich heute überwiegend seiner Unerfahrenheit in und dem Staunen für eine Gesellschaft der Superlative zuschreibe. DA, wo mit einem Mal alles möglich, was ihm bis dorthin verwehrt geblieben war. Natürlich wollte er seinen „neuen Reichtum“ auskosten. Auf alle Arten die es gab.
Wie er mir versichert, ist das jetzt vorbei und ihm nicht mehr wichtig. Er sei bescheidener geworden. Die Hürde der Arroganz, der Maßlosigkeit und der Extreme sei genommen. Bis auf das Reisen, sei im großen Ganzen, wieder Ruhe in sein Leben gekehrt. Er hätte alles, was er sich wünsche. Die „wilden Zeiten“ seien vorbei.
Nun, wie lobenswert!
Gunnar hatte ich ebenso an einem „Wendepunkt“ seines Lebens kennen gelernt. Nein. Ich hatte ihm sogar zu einem solchen verholfen. Kein Wunder also, dass er überwältigt „alle Freiheiten“ genoss, auszukosten sucht und das „Bekannte“ gleich mit integriert. 

In jedem Fall ist es für mich großartig zu wissen, dass mein Gegenüber nicht jeden Gedanken meines Hirns zu erforschen vermag.
Wie angenehm!
Überdies hat er, oder besser habe ich in Wanjas Gegenwart offensichtlich weniger Mühe eine gewisse Disziplin zu wahren als bisher mit Gunnar. Es ist erstaunlicher Weise so leicht. Zumindest mein Eindruck, bis zu diesem Zeitpunkt.

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Begeistert und mit Leidenschaft schlug Wanja Orte, wie Hamburg, Berlin, Kiew, Miami, Moskau, L.A. vor, an denen wir wohnen könnten.
Ich schlug Schweden vor. Alldieweil ich mir dort ein Stück Heimat erschuf. Wanja meinte, dass es nur Probleme bringe, wenn ich dort weiter wohnen würde. Was ich durchaus verstehen kann. Andererseits schien da ebenso eine eigenartige Furcht zu sein, welche ich in seinen Augen sah, die im Allgemeinen nicht Wanjas Wesen entspricht. Ich vermute es schaudert ihm vor Gunnars Hexenkünsten. Gleichwohl er sich dies, und vor allem anderen nie eingestehen wird.
Es wurde ebenso über Politik geredet. Worüber ich hier jedoch nicht schreiben darf.

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Bisher vermied ich ERNSTHAFT über die Konsequenzen meines Handels nachzudenken. Fakt ist, dass es welche geben wird. Ebenso vermied ich bisher, aus der augenblicklichen Lage heraus, über meine weitere Zukunft nachzudenken.
Was soll werden? Ist eine Umkehr, sofern ich sie denn will, noch immer möglich? Oder gibt es nur den Weg nach vorn?



Samstag, 23. November 2013

Eine womöglich folgenschwere Entscheidung – Auf dem Weg nach Kalifornien



Schon immer war ich ein Kind des Zögerns und der Unentschlossenheit. Wäge beständig ab, und denke über sämtliche Optionen, welche mir zur Verfügung stehen gründlich nach, wie es ursprünglich nur Wage - Geborene tun. Überdies bin ich noch zunehmend feige geworden.

Nun, Kate stellte tatsächlich fest, dass ich sie nicht mag. Woran mag DAS wohl liegen? Das sie mir offensichtlich den Ehemann zu stehlen gedenkt? Oder soll ich ihr, ob ihrer Lebensunwissenheit, in der Tat die (gespielte?) Naivität abkaufen? Für ihre „Augenaufschläge“ bin ich in jedem Fall NICHT empfänglich.

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Gunnar fuhr mit am gestrigen Abend mit Kate zu Hjalmar. (Nachdem er sich wie schon lange nicht herausgeputzt hatte.) Natürlich hatte er mich erneut gefragt, ob ich ihn begleiten wolle. Obwohl er doch mittlerweile wissen müsste, dass ich dergleichen Festivitäten nicht ausstehen kann.
Etwas später kam Marie zu mir. Sie hatte die Kinder zu Bett gebracht und die Nanny war bei ihnen geblieben.
„Lass uns zu Gunnar fahren.“
„Ich erwog gegebenenfalls Troels aufzusuchen. Jedoch wird in seinem Apartment der Geburtstag seines Bruders gefeiert.“
„Dann lass uns dorthin gehen.“
Ich pustete die Luft laut hörbar aus meinem Mund. „Verstehst du nicht. Es wäre mir am liebsten, hier bleiben und meine Ruhe haben zu können.“, antwortete ich ein wenig barsch und genervt ob Maries scheinbar Entschlossenheit Spaß haben zu wollen.
Obgleich ich zu bedenken gab, dass ich erschöpft und müde sei, gab sie nicht auf und wir diskutierten weiter. Bis ich mich schlussendlich überreden ließ, mit ihr zu Hjalmar zu fahren.
Als wir dort ankamen war nicht ein einziges Fenster erleuchtet. Ich stieg aus und klingelte. Keine Reaktion.
„Warum rufst du Gunnar nicht einfach an?“
„Nein.“
„Doch.“ Sie nahm das iPhone aus meiner Manteltasche und rief Gunnar an. Dann hielt sie es mir unter die Nase. „Er will mit dir reden.“
Ich wartete nicht, bis Gunnar etwas sagte. Sonder fragte: „Wo seid ihr?“
„Bei Carsten?“
„Sag mir seine Adresse.“

Es dauerte eine Weile, bis ich Carstens Wohnung fand. Jedoch das Szenario, welches ich dort vorfand, unterschied sich kaum von denen, die ich von Hjalmars Domizil  bereits kannte.
Man öffnete uns die Tür und Gunnar kam mir sogleich entgegen. Ich roch bereits von weitem aus seinem Atem den reichlich genossenen Alkohol. Zudem stank es nach Zigarettenqualm.
„Kommt doch herein.“ Er umarmte und küsste mich. Tat das Gleiche mit Marie. Nahm mich bei der Hand und führte mich zu einer mitten im Raum stehenden Couch, auf der Kate gerade Platz nahm. „Setzt euch doch zu uns. Oder willst du tanzen?“
Ich sah ihn mit nach oben gezogenen Brauen zweifelnd an und ließ mich neben Kate nieder.
„Sei nicht so steif.“ Gunnar setzte sich zwischen uns und Marie hatte rechts neben mir Platz genommen. Hjalmar kam bereits mit zwei Drinks auf uns zu. Marie nahm ihren dankend entgegen. Ich verneinte.
„Willst du nicht tanzen?“, fragte mich nun auch Kate. Ich schüttelte mit dem Kopf. Sie sah Gunnar an, griff nach seiner Hand und zog ihn (zurück?) in die Mitte des Raumes, wo mehrere Leute tanzten. Da sah ich Siv. Sie kam auf mich zu und setzte sich auf den Platz, welchen Gunnar und Kate soeben verlassen hatten. „Das ist aber eine Überraschung.“ Sie grinste.
Was sollte ich darauf antworten? Ich sah sie nur ungerührt an und verzog keine Miene. Wendete mich dann von ihr ab und Marie, recht von mir zu. „Du kannst ein Taxi nehmen. Oder auch hier bleiben. Ich jedenfalls verschwinde.“
Unbemerkt und unauffällig verließ ich Carstens Wohnung und fuhr zu Troels.
Noch bevor ich den Schlüssel ins Schloss steckte, hörte ich dort ähnlichen Lärm. Nun, was hatte ich erwartet?
Es war bereits weit nach Mitternacht als ich dort ankam und die Party demzufolge weit fortgeschritten. Ich konnte Troels nicht sehen und ging zum Badezimmer. Als ich die Tür öffnete, verschlug es mir den Atem. Ich hatte Troels gefunden. Mit einer blonder Frau.
Als er mich sah ließ er sie los und folgte mir. „Warte. Bitte. Warte! Rea! Es ist nicht so wie du denkst!“, hörte ich ihn rufen, während ich eilends seine Wohnung verließ, in den Wagen stieg und zurück zu Carstens Wohnung fuhr.
Die Türen standen weit offen und ich ging hinein. Niemand hatte mich bemerkt, als ich zurückgekommen war. Ich sah Gunnar in der Mitte des Zimmers stehen. Sein angetrunkener Zustand war nicht mehr zu verkennen. Er stellte sich zur Schau. Poussierte und trug lauthals ein Lied. Schrill, frivol und gewöhnlich. Als er damit fertig war, zog er die neben sich stehende Kate grob und theatralisch an sich heran und küsste sie dramatisch und besitzanzeigend auf die Lippen. Die Masse lachte, klatschte und johlte.
Ja. In der Tat. Genau SO hatte ich mir diese Partys vorgestellt und es widerte mich an Gunnar SO zu sehen!
Ich erschrak, als mir jemand von hinten auf die Schulter tippte. Es war Marie. „Was machst du denn hier? Ich dachte....“
Ich ließ sie ihren Satz nicht beenden. Wendete. Tat eilig. Ging an ihr vorbei und sah sie nicht einmal an. „Ich hatte etwas vergessen.“, und schwups saß ich wieder in meinem Wagen und wusste nicht wohin.
Ich ließ den Kopf auf meine Hände sinken, die vor mir das Lenkrad umgriffen und wollte zu weinen beginne, als mir eine Idee kam, die ich augenblicklich umsetzte. Ich nahm mein Handy und mein iPhone und rief zur gleichen Zeit Wanja und Kevin an, und war fest entschlossen, zu dem ersten, welcher sich meldete noch an diesem Abend aufzubrechen.
Es meldete sich jedoch keiner.
Sollte ich nun doch wieder nach oben gehen?
Nein. Ich startete den Wagen und fuhr in Richtung des Zentrums los. Nach etwa zehn Minuten klingelte mein iPhone. Es war Wanja.
Вы меня звали? (Du hast mich angerufen)?“
Да.
Может быть, вы долго для меня? (Kann es sein, dass DU dich nach MIR sehnst?)“
Да.
Wanja lachte. „Что случилось? (Was ist passiert?)“
Где ты? (Wo bist du?)“, fragte ich.
Kurzes Räuspern. „Почему? (Warum?)“
Was sollte diese Fragerei. War er etwa nicht allein und ich störte ihn beim Ficken?
Ich war wütend. Er schien es zu bemerken und fragte: „Вы бы пришли ко мне? (Möchtest du zu mir kommen?)“
Genau DAS wollte ich. Würde ich mich jedoch in diesem Augenblick für ihn entscheiden, wäre es unumkehrbar. Wie käme ich so rasch aus Russland zurück?
„Wo bist du?“, fragte ich noch einmal.
„Im Grand Hôtel.“
„Wie? Was? Hier in Stockholm?“
Да.
Nun war ich in der Tat überrascht.
„Soll ich zu dir kommen?“, fragte er.
„Nein. Ich komme zu dir. Alldieweil ich ganz in deiner Nähe bin.“
„Großartig!“

Ich blieb bei Wanja und bin es noch immer. Dachte darüber nach, was ich tun soll. Denn Wanja suchte mich während unseres gemeinsamen Frühstücks zu überzeugen, mit ihm nach Kalifornien zu fliegen. Besonders dann, als ich ihm die Geschehnisse ausführlich berichtete.
Что удерживает вас все еще здесь? (Was hält dich dann noch hier?)“
Ich antwortete nicht. Sah ihn nur an und zuckte mit den Schultern.
„Gut. Ich formuliere es anders. Wovor fürchtest du dich, wenn du mit mir gehst?“
Ich räusperte mich und rutschte unruhig auf meinem Stuhl hin und her. „Das es so wird wie damals. Dass auch DU andere Frauen neben mir haben wirst. Denn es wäre sicherlich endgültig, so wie ich dich verstehe, wenn ich jetzt mit dir gehen würde.“
Wanja schnaufte. Lachte und schüttelte mit dem Kopf. „Komm mit mir, und dann sehen wir weiter.“
„Du läst mich nicht wieder gehen. Oder?“
„Bin ich ein Ungeheuer? Oder was?“
„Und was ist mit deiner PR-Freundin?“, wandt ich mich nach einer Verzögerung suchend.
„Ich sah sie nicht mehr, seitdem wir uns deinetwegen stritten und ich den Urlaub beendete.“
„Sie wird dort sein? Nicht wahr?“
„L.A. ist groß.“ Er zwinkerte mir zu. „Also was? Das Flugzeug steht bereit. Ein Wort von dir, und wir fliegen noch in der nächsten Stunde.“
„Mach Schluss mit ihr. Endgültig!“
Wanja sah mich zweifelnd an. „Dann kommst du mit?“
Да.



Freitag, 22. November 2013

Die „neuen Besen“, die "gut kehren“



Gunnar war beinahe Tag und Nacht mit Kate zusammen.
Vormittags shoppte er mit ihr in Stockholm und sie speisten dort sogar in unserer Sushi Bar. Am Nachmittag arbeitete er mit Christine im Office und Kate half ihm dabei. Am Abend war er bei Marie und den Kindern. Dann kam er zu mir und wir sahen fern.
Als ich jedoch in seinen Armen eingeschlafen war, stand er auf und ging wieder zu Kate.
Wie konnte er annehmen, dies alles würde unser beider Leben nicht beeinflussen. Es entspricht schlicht und einfach nicht der Wahrheit. Oder sehe ICH das nur so und er wäre ohnehin diesen Tag nicht viel länger bei mir gewesen.
Obendrein frage ich mich, wie lange er das durchhalten kann. Verfolgt er womöglich noch seine Karriere und geht zu seinen Brüdern feiern, wird ihn in jedem Fall die grobe Fahrlässigkeit bezüglich seines Körpers mit Nichten zum Wohle gereichen.

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Ich hingegen war seit dem Lunch mit Marie und den Kindern zusammen.
Wir redeten und lachten erstaunlicher Weise fiel. Erinnerten uns an alte Zeiten und  absolvierten einige Körperübungen gemeinsam, die normalerweise zu meinem täglichen Programm gehören. Welche ich jedoch viel zu oft vernachlässige.
Sie animierte mich Gunnar anzurufen, alldieweil sie ihn ebenso bereits vermisst hatte.
„Nein.“, sagte ich. „Er wird denken, dass ich ihn kontrollieren will.“
„Ach was. Rufe ihn an.“
Er erzählte mir kurz, dass er Kate ein iPhone und eine Notebook gekauft hätte und sie im Augenblick gerade speisten. Dann verlangte er nach Marie und sprach gleichwohl mit ihr.

Das Dinner nahmen wir dann so gegen halb sieben alle gemeinsam im Restaurant ein. Einschließlich Christine und Thomas.

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Troels rief mich an und lud mich ein, an dem Fest, welches er am heutigen Abend zu seines Bruders Geburtstag ausrichtet, teilzunehmen. Jedoch erklärte ich ihm, was er genau genommen bereits wusste, dass ich solcherlei Feierlichkeiten nicht ausstehen kann.

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Trotz alldem hatte ich Zeit, um meine Gedanken schweifen zu lassen. Ich fragte mich, ob ich die gegenwärtige Situation tatsächlich aushalte und so zu leben gedenke. Oder ob es sich lohnt, ernsthaft über weitere Optionen nachzudenken, die mir zur Verfügung stehen. Genau genommen tut DAS mein Hirn auf irgendeine Art und Weise beständig. Meine Perspektiven auszuloten.
Natürlich kommt mir da als aller erster Troels in den Sinn. Jedoch ebenso gut Wanja. Möglicherweise sogar Kevin. Nur kann ich, und ist es überhaupt ratsam Knall auf Fall eine Entscheidung zu treffen? Abzureisen? Oder ist es besser abzuwarten und dahingehend sich alle Optionen offen zu halten, um gegebenenfalls später eine davon in Betracht zu ziehen.
So bedacht, wie ich meist vorzugehen pflege, tendiere ich zu Letzterem. Obgleich ich in manchen Fällen ebenso impulsiv handelte. Nur ist es dazu ohnehin viel zu spät. Ich habe mich in Gunnars Harem bereits selbst eingewiesen und integriert.
Wie übelsinnig!

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Nun doch eifersüchtig?

Gunnar war erneut die halbe Nacht in Kates Bett und kam erst gegen vier Uhr heute Morgen zurück zu mir.
Er schlief noch eine Weile länger als ich und ist gerade erst dem Bett entstiegen. Christine wartet bereits auf ihn im Office.

Mag sein, dass ich es kaum bemerke. Aber wird dies nun zur Gewohnheit?!
Womöglich vermag ich Kates Liebeskünsten nicht viel entgegen zu setzen. Folgen sie doch gleichwohl Gunnar Neigungen. Kein Wunder also, dass er sich zu ihr hingezogen fühlt.



Donnerstag, 21. November 2013

Du brauchst dich nicht zu sorgen – ein beinahe Monolog



Es ist eigenartig, beängstigend und erstaunlich zugleich, wie unser aller Zusammenleben in ruhigen Bahnen sich beinahe selbstständig fügt.
Keine agiert gegen die andere. Ist missgünstig oder ganz und gar Streit lüstern.
Was mir bisher so unvorstellbar und unmöglich erschien, geschieht einfach.
Drei so dermaßen unterschiedliche Frauen und ein einziger Mann.
Und ich, mitten drin.

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Christine war außer sich vor Sorge um Thomas und war den gesamten Tag bei ihm. Daher war Gunnar in der Pflicht die Leitung des Zentrums vollständig zu übernehmen.
So ganz ins Geheim vermutete ich jedoch, dass er mit all den Verantwortungen, zuzüglich seiner drei Frauen, überfordert war.
Er zitierte mich ins Office, um zu helfen. Als ich eintrat, war Kate bereits dort und sortierte irgendwelche Papiere. Marie schien Gunnar zu suchen und kam mit den Kindern ebenfalls ins Büro. So hielten Gunnar, seine drei Frauen und Dahl Lundqvist die Geschäfte des Zentrums am laufen.
Während wir gemeinsam speisten, wurde Gunnar gezwungen Prioritäten zu setzen und Regeln aufzustellen. Denn Marie hatte ihn gefragt, ob er nicht die kommende Nacht bei ihr verbringen könne.
„Marie“, begann er, „Du weißt, dass ich dich mag. Auch, das du und die Kinder hier bei mir seid, ist mir eine übergroße Freude. Aber du kannst meine Liebe nicht erzwingen. Verstehst du? Wenn du mit mir schlafen, oder ficken willst, ist das eine andere Geschichte. Dazu bin ich durchaus bereit. Wenn du damit zufrieden bist, mit mir und uns allen hier so zu leben, ist es okay und du kannst bleiben. Aber du musst verstehen, dass ich Rea liebe und sie niemals verlassen würde.“
„Ich weiß.“, warf sie ein wenig verdrießlich drein blickend ein. „Das war mir durchaus bewusst, als ich hier her gekommen bin und ich akzeptiere das auch. Und ja, ich will mit dir ficken. Wenn du Zeit hast, womöglich gleich heute Abend.“
Gunnar antwortete nicht direkt und sah nun zu Kate, bevor er wieder Marie ansah.
„Kate kennst du von New Orleans. Aus den Zeiten der Sekte. Du weißt, dass ich sie gern mochte. Lieber als alle anderen. Es war schon eine Art Liebe mit ihr. Zudem“, bei diesen Worten sah er schmunzelnd zu ihr hinüber, „scheint sie zum Teil sogar meine Neigungen zu teilen. Wir haben Spaß miteinander. Am Trinken und feiern. Insofern ist es für mich unproblematisch mit ihr zusammen zu sein. Zu schlafen, zu ficken, oder was auch immer. Lass mir ein wenig Zeit Marie. Heute Abend werde ich bis zehn Uhr bei dir und den Kindern sein und dann gehe ich zurück zu Rea. Was wir tun, vermag ich noch nicht zu sagen. Das überlasse ich dem Zufall. In jedem Fall würde ich mich glücklich schätzen, mich in dieser Zeit um meine Kinder kümmern zu können.“
Nun richtete Gunnar seine Aufmerksamkeit auf Kate. „Was dich betrifft, war ich erst letzte Nacht bei dir. Ich werde nicht jede Nacht zu dir kommen. Verstehst du, dass du das nicht erwarten kannst. Rea ist meine Frau, und ich werde die meiste Zeit mit ihr verbringen. Ich bin überaus glücklich darüber, dass sie so tolerant ist und diese doch im Augenblick für uns alle ein wenig schwierige Situation bravourös meistert.“ Nun zwinkerte er mir zu und sah dann wieder zu Kate. „Wir alle hier sind bereit, dir Kate,  den Einstieg in das Leben außerhalb einer Sekte zu ermöglichen und so angenehm wie möglich zu gestalten. Sei dankbar für diese Unterstützung, auch Rea gegenüber,  und vergiss das nie.“

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Noch immer regen sich in mir Zweifel und Ängste, dass sich Gunnars Liebe zu mir verändert oder ganz und gar versiegt, und ich vermute, dass dieses Gefühl gleichwohl noch eine lange Zeit bleiben wird, sollte ich mich tatsächlich weiterhin als eine von Gunnars Frauen begreifen und hier im Zentrum bei ihm verbleiben.
Meine Besorgnis äußerte ich selbstredend Gunnar gegenüber und er begann seinen „beinahe Monolog“.
„Du brauchst dich in der Tat meiner Liebe wegen nicht zu sorgen Rea. Dein Kümmernis entbehrt jeglicher Grundlage. Sieh doch. Ich liebe Marie nicht. Gleichwohl sie eine überaus attraktive Frau ist und ich sie gern mag. Aber ich kann unterscheiden zwischen Liebe und Sex. Überdies ist sie die Mutter meiner Kinder und eine wahrlich fabelhafte Frau. Kate mochte ich tatsächlich damals sehr. Wir teilten viel miteinander und hatten eine Menge Spaß beim Sex.“
„Und du wünschst es dir, dass es wieder so wird. Nicht wahr?“, warf ich ein.
„Nein. Bestimmt nicht SO. Aber möglicherweise können wir einige Ereignisse von damals reaktivieren. Wir beide sind sicher nicht mehr gänzlich die Gleichen wie vor Jahren. Aber es wäre möglich, wie die letzte Nacht zeigt, noch immer Spaß miteinander zu haben. Bitte sei mir nicht böse, denn ich bin sicher, dass diese Beziehung zu Kate erneut nicht von Dauer sein wird. Auch wenn ich sie mag und sogar auf irgendeine Art und Weise liebe, ist es keinesfalls wie mit dir Rea. Und in erster Linie wollen wir, will ich ihr helfen ein Leben außerhalb einer Sekte aufzubauen, was für sie lebbar sein wird, nachdem, was sie bisher erfahren hat.“
„Wer bist du? Robin Hood? Der Rächer der Armen und Weisen?“
„Jetzt werde bitte nicht sarkastisch.“
„Du liebst sie also noch immer und obendrein gefällt dir offenbar das Ficken mit ihr viel besser als das mit mir.“
„Vielleicht erinnerst du dich an Kevin und Ian. Du hast sie in meiner Gegenwart geliebt und mit ihnen gefickt.“
In diesem Augenblick wollte ich etwas entgegen. Jedoch kam ich nicht dazu. Denn Gunnar sprach ohne Unterbrechung schlicht und einfach weiter.  
„Mit Kate ist es eine andere Art von Liebe, wie ich sie zu dir empfinde Rea. UNSERE Liebe hat eine gänzlich andere Dimension. Nicht so flüchtig oder Sex orientiert wie die zu Kate. Obgleich ich sie schon mag. Und ich kann hier ebenso zwischen mögen und Liebe unterscheiden. Denn ich liebe DICH Rea! Verstehst du mich?!“
„Was ist mit Kate? Mir scheint, sie liebt dich noch immer?“
„Möglicherweise. Wenn es die Wahrheit ist, was sie sagt, ist es gut möglich, dass sie denkt für immer bei mir bleiben zu können. Im Augenblick ist ihr Gehirn noch Sekten gewaschen. Was kommen wird, vermag ich nicht zu sagen. Warten wir es ab.“
„Weißt du Gunnar“, unterbrach ich ihn, „schaue ich auf meine derzeitigen Lebensumstände, ist kaum ein Unterschied und ich hätte ebenso bei Felicio bleiben können.“
„Nein Rea. Ich liebe dich über alles. Nichts wird uns jemals trennen. Weder Marie und die Kinder, noch Kate. Schon ganz und gar nicht andere Frauen wie Siv, Alicia oder Elena. Die Letzteren waren nicht mehr als Gelegenheiten.“
„Sind. Nicht waren.“, berichtigte ich ihn.
„Ja. Mag sein. Alicia wird uns schon Ende der Woche verlassen.“
„Und was ist mit der australischen Claire und dieser Ellen? Sind das ebenfalls Gelegenheiten?“
Gunnar lächelte. „Bisher noch nicht. Allerdings beabsichtige ich daraus auch keine werden zu lassen.“
„Ich denke, dass dir drei Frauen genügen müssten. Oder etwas nicht?“
„Daum geht es nicht. Überdies werden Marie und Kate unser beider Leben kaum beeinflussen.“
„Um was geht es dann?“
„Ich finde es schlicht und einfach großartig meine Kinder zu sehen und um mich zu haben. Einer anderen Frau zu helfen, UND mich um dich kümmern und dich lieben zu dürfen. Zudem noch eine Menge Spaß und Freude daran zu finden. Wenn ihr Frauen euch untereinander vertragt. Nach dem gestrigen und heutigen Tag bin ich mir sicher, dass das Experiment gelingt. Marie ist zwar entzaubert, aber noch immer deine Freundin. Überdies verhält sie sich auch wieder genau so. Kate steht dem Leben eher arglos und naiv gegenüber. Sie ist in keinem Fall feindselig. Sondern eher freundlich, zugänglich und vielseitig interessiert. Obendrein hat sie viel zu lernen. Siehst du nicht was hier geschieht? Es ist ein Wunder, dass wir hier alle gemeinsam vollbringen. Und du, hast daran deinen Anteil Rea. Kate hilft Marie mit den Kindern. Marie hilft dir. Ihr alle helft einander. Ist das nicht fabelhaft?!
Du brauchst dich in der Tat nicht zu sorgen. Jetzt sitze ich mit dir hier und sehe fern. Dann gehen wir, wie für gewöhnlich, gemeinsam zu Bett. Möglicherweise werde ich zukünftig, wenn du eingeschlafen bist, sodass du es nicht weiter bemerkst, zu Kate oder auch zu Marie hinüber gehen. Oder Kate zu Hjalmar mitnehmen. Sie trinkt und feiert ebenso gern wie ich. Du magst das leider nicht. Ich weiß.“
„Für jedwede Gelegenheit hast du nun eine Frau.“
Gunnar lachte. „Ja. In der Tat. Eine Mutter für meine Kinder, die ich zwar nicht liebe, aber der ich jedoch zumindest Sex und meine Gegenwart schenken kann, wenn sie es wünscht. Was ich finde, das Mindeste ist, für das Geschenk zweier so wundervoller Kinder. Eine andere Frau, die meine Freizeitaktivitäten und meine Neigungen teilt. Mit der ich sicher jede Menge Spaß haben werde, obgleich ich sie nicht so liebe wie dich Rea. Sie ist wie ein guter Freund für alles, der ich obendrein noch helfen kann. So helfen wir uns gegenseitig. Und in dir Rea, habe ich eine Frau, die meine gesamte Aufmerksamkeit und Liebe bekommt. Um die ich mich kümmere und sorge. Der ich Sicherheit und Geborgenheit geben kann, und zweifelsohne noch viel mehr, was sie glücklich macht.“
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Ich bemerke, dass ich in den vergangenen Tagen bereits erneut ZU VIEL schrieb.
Es gelingt mir bedauerlicher Weise nicht, mich kurz zu fassen. Gleichwohl es ein immerwährender Vorsatz ist. Da ich mich jedoch im Augenblick mehr in die Geschäfte und Belange des Zentrums einbringe, fehlt mir genau genommen die Zeit zum Schreiben. Zudem scheint man meine Bitten um eine Freundin erhört zu haben. Nur, weisen die Götter in der Tat einen überaus kuriosen Humor auf, wenn sie mir stattdessen „zwei Nebenfrauen“ schenken.

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Gunnar war erschöpft am gestrigen Abend. Kein Wunder nach der Nacht mit Kat, dem wenigen Schlaf und den Aufregungen des Tages. Wir gingen frühzeitig zu Bett und schliefen heute Morgen bis halb acht.


Vor etwa einer Stunde ist Gunnar mit Kate nach Stockholm gefahren, um mit ihr und für sie einzukaufen.
„Begleitest du uns?“, hatte er gefragt.
Um ein Haar hätte ich bissig  geantwortet: Du bist wohl verrückt geworden?! Alldieweil ich bemerkte, wie er sie während unseres gemeinsamen Frühstücks ansah und ihre Hand hielt. Besann mich jedoch dann, senkte den Blick auf meinen Teller vor mir und sagte leise „Nein.“